Gabriele Poettgen-Havekost

Die Botschaft hör ich wohl...
Stimme und Hören im Kontext einer sich inszenierenden Beziehungsgeschichte

Auf dem Hintergrund einer entwicklungspsychologischen Betrachtung stellt die Stimme pränatal innerhalb der gesamten auditiven intrauterinen Umwelt eine wichtige Verbindung zur Mutter dar, sie wird nach der Geburt unmittelbar wiedererkannt. Die Lautäußerungen des Babys und sein Schreien beinhalten ein Angewiesensein auf das verstehende Hören der Mutter im Rahmen der präsymbolischen Kommunikation. Die Wahrnehmung der eigenen Stimme und das Hören gehören so unmittelbar zum Selbsterleben und zum Erleben von Verbundenheit. Letzteres wird bestimmt durch die Erfahrung, in welcher Qualität und welchem Ausmaß im anderen ein Resonanzkörper gefunden werden kann.
Auch die Authentizität des Geäußerten bzw. die darin enthaltene Widersprüchlichkeit spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.
Anhand kasuistischer Beispiele soll dargestellt werden, wie sich in der Qualität der stimmlichen Mitteilung, der Intonation, der Melodie, dem Rhythmus, dem „Zusammenklang“ zwischen Patient und Analytiker/In aber auch in der Blockierung des stimmlichen Ausdrucks im therapeutischen Prozess eine spezifische Beziehungsgeschichte auf der Ebene des impliziten Gedächtnisses (Stern) reinszeniert.
Die „kinetische Semantik“ (Leikert) steht somit im Mittelpunkt der Betrachtung: Die Gestalt des Gesagten, die darin enthaltenen „Bewegungen“ über die Lautäußerung (analog zu einem musikalischen Thema) und die affektive Beziehungsqualität, die so ihren Ausdruck findet - jenseits der Worte. Weiterhin soll untersucht werden, wie in diesem Kontext Störungen der auditiven Wahrnehmung wie beim Tinnitus zu verstehen sind.
R. Tüpker

Musik im therapeutischen Dialog

Auf die Musik des therapeutischen Dialogs zu achten, kann dafür sensibilisieren, die Ebene der frühen Mutter-Kind-Beziehung in der aktuellen Übertragungsbeziehung mit zu hören, auch wenn es auf der Ebene des gesprochenen Wortes vielleicht um spätere Erfahrungen und Konfiktebenen geht. Vor dem Hintergrund psychotherapeutischer Erfahrungen, die Musik konkret als zweite Verstehensebene in den therapeutischen Dialog einbeziehen, wird im Vortrag selbst den musikalischen Parameter von Sprache und Beziehung nachgegangen und zu zeigen versucht, wie die musikalische Ebene auch dann genutzt werden kann, wenn es methodisch scheinbar nur um den „Austausch von Worten“ geht. Die Musik wird dabei als eine Ausdrucksform verstanden, die sich – in der Kunst wie im Alltag – zwischen Körper und Sprache etabliert hat. Den nahe liegenden Verbindungen zur körpertherapeutischen Arbeit soll in der anschließenden Diskussion nachgegangen werden.

PROGRAMM*)
Sonntag 24.Mai 2009
9h00 - 9h50 R. Tüpker: Musik im therapeutischen Dialog
9h50 - 10h40 G. Poettgen-Havekost: Die Botschaft hör ich wohl ... Stimme und Hören im Kontext einer sich inszenierenden Beziehungsgeschichte 
  Pause
11h10 - 12h10 Abschlussdiskussion (Moderation J. Scharff)
12h10 - 12h30 P. Geißler Verabschiedung
*)Programmänderungen vorbehalten